Seelsorge, psychologische Betreuung, Pfarrer und die Kirche, das sind alles Themen, die man nicht sofort mit einem Schulungsdienst bei der Feuerwehr in Verbindung bringt. Umso gespannter waren die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr Herleshausen was sich hinter dem Stichwort „Notfallseelsorge“ und dem angekündigten externen Ausbilder in der vergangenen Woche verbirgt.
Wenn Helfer Hilfe brauchen, dann ist Pfarrer Jochen Sennhenn aus Schemmern einer, der zur Stelle ist. Seit vielen Jahren begleitet er gemeinsam mit dem Team der Notfallseelsorge rund um Pfarrer Ralph Beyer im Werra-Meißner-Kreis Menschen in Extremsituationen. Für die meisten Kameradinnen und Kameraden ist Jochen Sennhenn, der auch schon mehrfach als Militärseelsorger für die Bundeswehr in Afghanistan war, ein bekanntes Gesicht. Der gebürtige Herleshäuser, der heute noch viele Bekanntschaften im Ort pflegt, folgte gerne der Einladung der örtlichen Feuerwehr Herleshausen, um hier über das Thema „Notfallseelsorge“ zu referieren.
Kurzweilig erläutert er das Prinzip und den Aufbau der Notfallseelsorge im Werra-Meißner-Kreis und geht hier besonders auf die Fragen der Einsatzkräfte ein. Ein Notfallseelsorger kann immer dann angefordert werden, wenn sich Menschen in einer akuten Notfallsituation befinden, beispielsweise nach einem Verkehrsunfall, einer Großschadenslage oder einem anderen traumatischen Ereignis. Der Seelsorger steht dann in der ersten akuten Phase nicht nur den Opfern zur Seite, sondern auch den Verursachern, Ersthelfern, Angehörigen und Rettungskräften. Vor einer sogenannten akuten Belastungssituation sind auch Einsatzkräfte nicht geschützt, ein auslösendes Ereignis treffe einen völlig unvorbereitet, erklärt Sennhenn. Hier hilft keine Ausbildung, keine Taktik, keine Schutzausrüstung, es wird ein Schalter im Kopf umgelegt und reißt einem den Boden unter den Füßen weg, oft auch erst einige Zeit nach dem Ereignis. „Während des Einsatzes funktioniert man einfach“ weiß auch Tobias Hauss zu berichten, aber nach dem Einsatz muss man darauf achten, ob sich ein Kamerad vielleicht besonders ruhig oder auffällig verhält. „Wie kommt der Notfallseelsorger an eine Einsatzstelle auf der Autobahn?“ fragt beispielsweise Daniel Harseim. Das erklärt Jochen Sennhenn so: „Sobald der Einsatzleiter der Feuerwehr bei der Leitstelle die Notfallseelsorge zu einer Einsatzstelle nachfordert, wird der diensthabende Pfarrer per Melder alarmiert und bekommt vom Leitstellendisponenten einen Treffpunkt zugewiesen. An diesem Treffpunkt steigt der Notfallseelsorger in ein Einsatzfahrzeug um und wird an die Einsatzstelle gebracht, wo er sich bei der Einsatzleitung meldet.“
Ziemlich unkompliziert läuft das ganze System, finden die Einsatzkräfte und zeigen sich begeistert. Genau das will Sennhenn auch vermitteln, er weiß aus vorherigen Notfallbetreuungen, dass die Einsatzkräfte sich oft schwer tun Hilfe anzufordern. „Ruft uns lieber einmal zu viel“, gibt er mit auf den Weg. Es gebe keinen Leitfaden, wann ein Notfallseelsorger gerufen werden soll, das ist oft individuell. Er gibt zu bedenken, dass die Einsatzmöglichkeiten vielseitig sind: Sei es der Unfallverursacher, der mit der Situation überfordert ist, die besorgten Angehörigen, um die sich während des Einsatzes keiner kümmern kann oder Rettungskräfte, die an ihre Grenzen gekommen sind und nach dem Einsatz Gesprächsbedarf haben, all das sind Einsatzbereiche für einen ausgebildeten Notfallseelsorger.
„Ein Mensch ist umso widerstandsfähiger, je wohler er sich in seiner Gemeinschaft fühlt“ sagt Pfarrer Jochen Sennhenn. Die Kameradschaft in der Feuerwehr sei der größte Schutz, den man Einsatzkräften mit auf den Weg geben könne: Die Sicherheit immer jemanden an seiner Seite zu haben, der auf einen achtet, schützt nicht nur vor körperlichen, sondern auch vor seelischen Schäden. Abschließend bedanken wir uns noch einmal auf diesem Wege bei Jochen Sennhenn für den interessanten und vielseitigen Vortrag, welcher unseren Übungsdienst wesentlich bereichert hat.
Text: L. Witzel, Bild: D. Bodenstein
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